Electron vs. Tauri: Der praktische Vergleich für Desktop-Apps mit Web-Technologien

Von Web zu Desktop: Warum Tauri die bessere Alternative zu Electron sein könnte
Abstract
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Desktop-Apps entwickeln: Electron oder Tauri für dein nächstes Projekt?
Die Ausgangslage: Warum überhaupt Desktop-Apps mit Web-Tech?
Stell dir vor, du hast gerade eine richtig schicke Todo-App mit React oder Next.js gebaut. Sie läuft super im Browser, aber jetzt kommt der Chef und sagt: "Das brauchen wir auch als Desktop-App!" Was machst du? Genau hier kommen Frameworks wie Electron und Tauri ins Spiel. Beide verwandeln deine Web-App in eine vollwertige Desktop-Anwendung, aber auf sehr unterschiedliche Art und Weise.
Wir haben beide Frameworks ausgiebig getestet und möchte dir heute zeigen, was die beiden Kandidaten draufhaben, wo ihre Stärken und Schwächen liegen und welches Framework für dein nächstes Projekt besser geeignet ist.
Electron: Der etablierte Platzhirsch
Was ist Electron eigentlich?
Electron ist wie ein großer Werkzeugkasten, der alles mitbringt, was du brauchst. GitHub hat das Framework entwickelt, und es steckt in vielen bekannten Anwendungen wie Visual Studio Code, Discord oder Slack. Der Trick dabei: Electron packt deine Web-App zusammen mit einer kompletten Chrome-Browser-Engine in ein Paket.
Die Vor- und Nachteile in der Praxis
Wenn du mit Electron arbeitest, fühlst du dich sofort zuhause. Du schreibst JavaScript, nutzt Node.js und alles funktioniert, wie du es gewohnt bist. Für unsere Todo-App bedeutet das: Du kannst deinen React-Code praktisch 1:1 übernehmen.
Der Haken? Selbst eine simple "Hello World"-App wiegt schnell mal 150 MB. Das ist so, als würdest du einen ganzen Werkzeugkoffer mitschleppen, nur um eine Schraube reinzudrehen. Für unsere Todo-App bedeutet das: Die finale Anwendung wird locker 200-300 MB groß und das für eine App, die eigentlich nur Aufgaben verwaltet!
Tauri: Der schlanke Newcomer
Das Rust-basierte Leichtgewicht
Tauri geht einen ganz anderen Weg. Statt eine komplette Browser-Engine mitzuliefern, nutzt es einfach den Webview, der sowieso schon auf deinem System vorhanden ist. Auf Windows ist das WebView2, auf macOS WKWebView und auf Linux WebKitGTK.
Rust statt JavaScript im Backend
Hier wird's interessant: Während Electron auf Node.js setzt, läuft Tauris Backend-Prozess mit Rust. Klingt erstmal abschreckend? Keine Panik! Für die meisten Fälle musst du gar kein Rust schreiben. Tauri bietet eine umfangreiche JavaScript-API, mit der du fast alles erledigen kannst.
Next.js Integration: Ein praktischer Vergleich
Die Electron-Variante mit Nextron
Lass uns mal konkret werden. Du hast deine Todo-App mit Next.js gebaut und willst sie als Desktop-App ausliefern. Mit Electron brauchst du dafür Nextron, ein Tool, das Next.js und Electron verheiratet. Das Problem: Nextron wird nicht mehr aktiv gepflegt, und das merkt man. Es ist wie mit einem alten Auto, es fährt noch, aber du weißt nie, wann es liegenbleibt.
// Beispiel: Electron mit Nextron
// nextron.config.js - komplizierte Konfiguration nötig
module.exports = {
webpack: (config) => {
// Viele Workarounds für Next.js Features
return config;
},
};
Die Tauri-Lösung: Einfach und elegant
Mit Tauri ist das viel direkter. Du sagst Next.js einfach, es soll eine statische Seite generieren, und Tauri kümmert sich um den Rest:
// next.config.js für Tauri
module.exports = {
output: 'export',
// Das war's schon!
};
Die Architektur im Detail
Webview: Der große Unterschied
Hier zeigt sich der fundamentale Unterschied zwischen beiden Frameworks. Electron ist wie ein Umzugswagen, alles ist dabei, aber er verbraucht viel Sprit. Tauri ist eher wie ein Smart, kompakt, wendig und sparsam.
Für unsere Todo-App bedeutet das konkret: Mit Electron haben wir eine garantiert identische Darstellung auf allen Systemen, weil überall dieselbe Chromium-Engine läuft. Mit Tauri nutzen wir den System-Webview, was theoretisch zu Unterschieden führen könnte. In der Praxis? Bei modernen Web-Standards praktisch kein Problem mehr.
Node.js vs. Rust: Der Backend-Vergleich
Electron: Alles in JavaScript
Mit Electron bleibt alles in der JavaScript-Welt. Du kannst deine Node.js-Pakete nutzen, deine gewohnten Tools verwenden und musst keine neue Sprache lernen. Für unsere Todo-App könntest du beispielsweise direkt mit dem fs-Modul arbeiten:
// Electron: Todos speichern
const fs = require('fs');
function saveTodos(todos) {
fs.writeFileSync('todos.json', JSON.stringify(todos));
}
Tauri: JavaScript-APIs für fast alles
Mit Tauri nutzt du stattdessen die bereitgestellten APIs:
// Tauri: Todos speichern
import { writeTextFile } from '@tauri-apps/api/fs';
async function saveTodos(todos) {
await writeTextFile('todos.json', JSON.stringify(todos));
}
Der Code sieht sehr ähnlich aus, aber unter der Haube passiert etwas ganz anderes. Tauri kommuniziert über IPC mit dem Rust-Backend, das dann die eigentliche Dateioperationen durchführt.
Performance und Größe: Der Praxistest
Die nackten Zahlen
Ich habe unsere hypothetische Todo-App mit beiden Frameworks gebaut. Die Ergebnisse sprechen für sich:
- Electron-Version: 285 MB
- Tauri-Version: 12 MB
Das ist kein Tippfehler! Die Tauri-Version ist über 20-mal kleiner. Das macht einen riesigen Unterschied, besonders wenn deine Nutzer die App häufig herunterladen müssen.
Startgeschwindigkeit und Speicherverbrauch
Auch bei der Performance zeigt sich der Unterschied deutlich. Die Tauri-App startet praktisch instant, während die Electron-Version erstmal Chromium hochfahren muss. Der RAM-Verbrauch? Bei Electron sind schnell mal 200-300 MB weg, Tauri kommt mit einem Bruchteil davon aus.
Sidecars und externe Prozesse
Das GraphQL-Server-Problem
Hier wird's technisch interessant. Stell dir vor, deine Todo-App braucht einen lokalen GraphQL-Server für die Datenverwaltung. Mit Electron ist das einfach: Node.js ist ja sowieso dabei, also kannst du den Server direkt aus dem Main-Process starten.
Mit Tauri musst du kreativer werden. Du musst deinen Node.js-Server in eine ausführbare Datei kompilieren (mit Tools wie pkg) und als Sidecar-Prozess mitliefern. Das ist machbar, aber definitiv mehr Aufwand.
Die praktischen Limitierungen
Wo Electron punktet
Electron hat einen riesigen Vorteil: Es ist ausgereift und hat eine große Community. Für fast jedes Problem findest du eine Lösung auf Stack Overflow. Die Dokumentation ist umfangreich, und es gibt unzählige Tutorials.
Wo Tauri noch nachbessern muss
Tauri ist noch relativ jung und hat ein paar Kinderkrankheiten:
- Windows Store: Keine Unterstützung für .appx/.msix Formate, das kann bei der Veröffentlichung im Microsoft Store nerven
- macOS Universal Binaries: Probleme beim Codesigning und der Erstellung von Universal Binaries
- Kleinere Community: Weniger Ressourcen und Beispiele online verfügbar
Entscheidungshilfe: Welches Framework für welches Projekt?
Wann du Electron nehmen solltest
Electron ist deine Wahl, wenn:
- Du komplexe Node.js-Integrationen brauchst
- Absolute Browser-Kompatibilität kritisch ist
- Du auf eine große Community und viele Ressourcen angewiesen bist
- Die App-Größe zweitrangig ist
Wann Tauri die bessere Wahl ist
Tauri macht Sinn, wenn:
- Die App-Größe wichtig ist
- Performance im Vordergrund steht
- Du eine moderne, schlanke Lösung suchst
- Du bereit bist, mit einem jüngeren Ökosystem zu arbeiten
Der Migrationspfad: Von Electron zu Tauri
Falls du schon eine Electron-App hast und über einen Wechsel nachdenkst: Die Migration ist durchaus machbar. Die meiste Arbeit steckt in der Anpassung der IPC-Kommunikation und dem Umgang mit Node.js-spezifischen Features. Für unsere Todo-App wäre das etwa eine Woche Arbeit, je nach Komplexität deiner echten App natürlich mehr oder weniger.
Fazit
Nach ausgiebigem Testing beider Frameworks ist mein Fazit klar: Tauri ist die Zukunft für die meisten Desktop-Apps aus Web-Technologien. Die drastisch kleinere App-Größe, bessere Performance und der moderne Ansatz überzeugen mich. Ja, es gibt noch ein paar raue Kanten, aber die Vorteile überwiegen deutlich.
Electron bleibt relevant für komplexe Anwendungen, die tief in Node.js integriert sind oder absolute Browser-Kompatibilität brauchen. Aber für die meisten Projekte, wie unsere Todo-App, ist Tauri die smartere Wahl. Es ist wie der Unterschied zwischen einem Schweizer Taschenmesser und einem ganzen Werkzeugkoffer: Meistens reicht das Taschenmesser völlig aus, und es passt auch noch in die Hosentasche.
FAQs
Kann ich meine bestehende React-App einfach in Tauri einbinden?
Absolut! Tauri funktioniert mit jedem Frontend-Framework. Du musst nur sicherstellen, dass deine App als statische Seite gebaut werden kann. Bei React ist das der Standard-Build-Prozess. Du fügst Tauri zu deinem Projekt hinzu, konfigurierst es minimal, und schon läuft deine React-App als Desktop-Anwendung.
Muss ich wirklich Rust lernen, um Tauri zu nutzen?
Nein, in den meisten Fällen nicht! Tauri bietet umfangreiche JavaScript-APIs für alle gängigen Operationen wie Dateizugriff, Fenster-Management oder System-Dialoge. Nur wenn du sehr spezielle Features brauchst, die die JavaScript-APIs nicht abdecken, müsstest du etwas Rust-Code schreiben. Für 95% der Anwendungsfälle kommst du mit reinem JavaScript aus.
Wie sieht es mit der Auto-Update-Funktionalität aus?
Beide Frameworks unterstützen Auto-Updates, aber auf unterschiedliche Weise. Electron hat mit electron-updater eine bewährte Lösung, die out-of-the-box funktioniert. Tauri bietet ebenfalls ein eingebautes Update-System, das sogar etwas eleganter ist, da es kleinere Update-Pakete ermöglicht. Der Unterschied: Bei Electron lädst du im Zweifel wieder die komplette 200MB-App herunter, während Tauri-Updates deutlich kleiner ausfallen können.
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