PostgreSQL als vollständige Backend-Lösung: Warum eine Datenbank alle Tools ersetzen kann

Von 20 Tools zu PostgreSQL: Die moderne Backend-Revolution für Entwickler
Abstract
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PostgreSQL 2025: Wie eine SQL-Datenbank Redis, Auth0 und Elasticsearch ersetzt
Die moderne Webentwicklung gleicht oft dem Zusammenbau eines IKEA-Möbelstücks mit 15 verschiedenen Schraubendrehern, von denen keiner richtig passt. Sie möchten eine einfache Anwendung entwickeln - ein Dashboard, ein Chat-Tool oder ein persönliches Projekt. Plötzlich finden Sie sich dabei wieder, Redis für Caching aufzusetzen, Elasticsearch für die Suche zu konfigurieren, Firebase für Echtzeit-Synchronisation zu implementieren und Auth0 für Benutzeranmeldungen zu integrieren.
Hier kommt die überraschende Wendung: PostgreSQL kann mittlerweile den Großteil dieser Funktionen übernehmen - und zwar richtig gut. Die vermeintlich "langweilige" SQL-Datenbank hat sich zu einem Backend-Kraftpaket entwickelt, das mit den richtigen Extensions und Praktiken über 10 verschiedene Tools, Services und SaaS-Rechnungen ersetzen kann.
Was PostgreSQL im Jahr 2025 alles ersetzen kann
PostgreSQL ist nicht mehr nur eine einfache relationale Datenbank. Mit modernen Extensions und Features kann es eine Vielzahl von spezialisierten Tools ersetzen:
- Redis → Unlogged Tables für Caching
- Elasticsearch → TSVECTOR für Volltext-Suche
- Cron Jobs → pg_cron Extension
- Auth0/Firebase Auth → Row-Level Security + pgcrypto
- Pinecone/Vector-DBs → pgvector Extension
- MongoDB → JSONB für flexible Schemas
- Google Analytics → Event-Tracking-Tabellen
- GraphQL Server → PostGraphile
- Job Queues → pg_cron + Custom Tables
Wann PostgreSQL-First perfekt funktioniert
Diese Herangehensweise eignet sich besonders für:
- MVP-Entwicklung und Indie-SaaS-Projekte
- Einzelentwickler oder kleine Teams
- Projekte mit begrenztem Budget
- Situationen, in denen weniger Tools und mehr tatsächliche Entwicklungszeit gewünscht sind
Echte Beispiele aus der Praxis zeigen, dass Supabase Studio selbst PostgreSQL mit pg_cron und Row-Level Security nutzt, während viele Indie-SaaS-Tools 90% ihrer Backend-Logik direkt in der Datenbank ausführen und dabei problemlos skalieren.
Flexible Schemas mit JSONB: NoSQL trifft SQL
Die Evolution der Datenspeicherung
Früher bedeutete der Wunsch nach flexiblen, schema-losen Daten automatisch den Griff zu MongoDB. PostgreSQL hat diese Lücke mit JSONB geschlossen - einem binären JSON-Spaltentyp, der die Flexibilität von NoSQL mit der Mächtigkeit von SQL kombiniert.
Praktische Implementierung
CREATE TABLE users (
id SERIAL PRIMARY KEY,
email TEXT,
settings JSONB
);
-- Flexible Daten einfügen
INSERT INTO users (email, settings)
VALUES (
'dev@postgres.gg',
'{"theme": "dark", "notifications": {"email": true}}'
);
-- Tief verschachtelte Abfragen
SELECT email FROM users
WHERE settings->'notifications'->>'email' = 'true';
Die Vorteile liegen auf der Hand: Sie müssen das Schema nicht bei jeder Feldänderung anpassen, können mit vollständiger SQL-Syntax abfragen und mit GIN-Indizes die Performance optimieren.
Best Practices für JSONB
Wichtig ist jedoch, nicht alles als JSON-Blob zu speichern. JSONB eignet sich für die flexiblen Teile Ihrer Anwendung, während die Kernstrukturen strukturiert bleiben sollten, um Typsicherheit und Joins zu erhalten.
Automatisierte Jobs mit pg_cron: Cron Jobs ohne Terminal
Das Ende der Server-SSH-Sessions
Jeder Entwickler kennt das Szenario: SSH in einen Server, crontab -e
öffnen, einen zufälligen Schedule-String kopieren und hoffen, dass er nächsten Monat noch funktioniert. Mit PostgreSQL gehört das der Vergangenheit an.
pg_cron in Aktion
Die pg_cron Extension ermöglicht es, SQL-Statements in regelmäßigen Abständen auszuführen:
CREATE EXTENSION IF NOT EXISTS pg_cron;
SELECT cron.schedule(
'clean_sessions',
'0 * * * *', -- stündlich
$$ DELETE FROM sessions WHERE expires_at < now(); $$
);
Verwaltung und Monitoring
Jobs lassen sich wie normale Tabellenzeilen verwalten:
SELECT * FROM cron.job;
Pausieren, aktualisieren oder löschen - alles ist über SQL-Abfragen möglich. Diese Lösung ersetzt GitHub Actions für Cleanup-Aufgaben, Lambda/Cloud Function Timer und verhindert DevOps-Albträume durch fehlgeschlagene Shell-Scripts.
High-Performance Caching mit Unlogged Tables
Redis-Alternative in PostgreSQL
Redis ist schnell, erfordert aber einen weiteren Service, ein zusätzliches mentales Modell und eine weitere Rechnung. Für einfache Cache-Anforderungen bietet PostgreSQL mit UNLOGGED Tables eine elegante Alternative.
Technische Implementierung
CREATE UNLOGGED TABLE session_cache (
token UUID PRIMARY KEY,
user_id INT,
expires_at TIMESTAMPTZ
);
INSERT INTO session_cache (token, user_id, expires_at)
VALUES (gen_random_uuid(), 42, now() + interval '30 minutes');
UNLOGGED Tables überspringen das Write-Ahead Logging, leben hauptsächlich im Arbeitsspeicher und sind deutlich schneller für schreiblastige temporäre Daten. Der Nachteil: Bei einem Crash gehen die Daten verloren.
Anwendungsbereiche
Diese Lösung eignet sich perfekt für Session-Token, Auth-Codes und ephemere Flags, ohne dass ein separater Docker-Container für Redis benötigt wird.
KI-Vector-Suche mit pgvector: RAG direkt in der Datenbank
Die Vector-Database-Revolution
Beim Aufbau KI-gestützter Anwendungen greifen Entwickler oft zu Pinecone, nur um sofort mit SDKs, Synchronisationsproblemen und API-Limits konfrontiert zu werden. pgvector bietet eine Alternative direkt in PostgreSQL.
Semantic Search Implementation
CREATE EXTENSION IF NOT EXISTS vector;
CREATE TABLE docs (
id SERIAL PRIMARY KEY,
content TEXT,
embedding VECTOR(1536)
);
-- Similarity Search
SELECT content
FROM docs
ORDER BY embedding <-> '[0.011, -0.043, ...]'::vector
LIMIT 5;
Vorteile der integrierten Lösung
pgvector ermöglicht es, OpenAI/Cohere/Claude-Embeddings zu speichern, Ähnlichkeitssuchen durchzuführen und diese Vektoren für bessere Performance zu indizieren. Der große Vorteil: Alles lebt in derselben Datenbank wie die restlichen Daten.
Volltext-Suche mit TSVECTOR: Die Elasticsearch-Alternative
Such-Engine ohne externe Services
Die Implementierung einer schnellen, rankingbasierten und typo-toleranten Suche führt viele Entwickler zu Elasticsearch. PostgreSQL bietet jedoch mit TSVECTOR eine überraschend mächtige integrierte Volltext-Suche.
Implementierung der Volltext-Suche
ALTER TABLE articles ADD COLUMN search TSVECTOR;
UPDATE articles
SET search = to_tsvector('english', title || ' ' || body);
CREATE INDEX search_idx ON articles USING GIN(search);
-- Suche mit Ranking
SELECT title, ts_rank(search, plainto_tsquery('postgres vector magic')) AS rank
FROM articles
WHERE search @@ plainto_tsquery('postgres vector magic')
ORDER BY rank DESC
LIMIT 10;
Leistungsmerkmale
Das System bietet echtes Ranking, schnelle Performance durch GIN-Indizes und benötigt keine externen Services. Es unterstützt Stemming (z.B. "run" vs "running") und mit pg_trgm sogar basic Fuzzy-Matching.
Authentifizierung und Sicherheit: Auth komplett in SQL
Sichere Passwort-Verwaltung
Statt Firebase Auth oder Auth0 zu verwenden, lässt sich ein sicheres, produktionstaugliches Login-System komplett mit SQL aufbauen:
CREATE EXTENSION IF NOT EXISTS pgcrypto;
-- Passwort speichern
UPDATE users
SET password = crypt('plaintext_pw', gen_salt('bf'));
-- Passwort verifizieren
SELECT * FROM users
WHERE email = 'user@site.dev'
AND password = crypt('plaintext_pw', password);
Row-Level Security für Datenisolation
ALTER TABLE todos ENABLE ROW LEVEL SECURITY;
CREATE POLICY user_owns_todo ON todos
USING (user_id = current_setting('app.current_user')::INT);
Mit dieser Konfiguration werden alle Abfragen automatisch auf den aktuellen Benutzer beschränkt.
Vorteile der integrierten Auth-Lösung
Diese Herangehensweise ersetzt Firebase Auth, Auth0 und das Schreiben von Custom-Auth-Middleware in mehreren Microservices. Für kleine bis mittlere Anwendungen ist es eine ideale Lösung, auch wenn für Enterprise-SSO-Komplexität weiterhin spezialisierte Tools benötigt werden.
Analytics und Event-Tracking ohne externe Anbieter
Datenschutzfreundliche Analytics
Statt Google Analytics oder Mixpanel zu verwenden und Daten an externe Services zu senden, lassen sich alle Analytics direkt in PostgreSQL implementieren:
CREATE TABLE pageviews (
path TEXT,
user_id INT,
viewed_at TIMESTAMPTZ DEFAULT now()
);
-- Seitenaufrufe analysieren
SELECT path, COUNT(*)
FROM pageviews
GROUP BY path
ORDER BY count DESC;
Erweiterte Analytics-Optionen
Für komplexere Anforderungen bieten sich TimescaleDB für erweiterte Zeitreihen-Funktionen oder pgme für leichtgewichtige Analytics an. Diese Lösungen ermöglichen Custom-Dashboards, Nutzungsberichte und Funnel-Analysen mit vollständiger Datenkontrolle.
Die richtige Balance: Wann PostgreSQL an Grenzen stößt
Grenzen der All-in-One-Lösung
PostgreSQL-First ist nicht für jeden Anwendungsfall die richtige Wahl. Bei FAANG-Scale mit Multi-Region-Anforderungen, massiven Object-Blob-Speichern oder komplexen YAML-Pipelines mit SQS-Queues sind spezialisierte Tools weiterhin notwendig.
Skalierungsüberlegungen
Für die meisten MVPs und Anwendungen mit 10k-100k Vektoren ist pgvector ausreichend. Elasticsearch wird erst bei Google-Level-Such-UX mit semantischer Erkennung oder massiver Skalierung mit Echtzeit-Indexierung unverzichtbar.
Empfohlene PostgreSQL-Extensions und Tools
Kern-Extensions für moderne Backends
- pgvector für Vector-Suche und AI-Funktionen
- pg_cron für Cron-Jobs direkt in SQL
- pgcrypto für sichere Passwort-Verschlüsselung
- TimescaleDB für Time-Series-Analytics
- PostGraphile für automatische GraphQL-APIs
Hosting-Optionen
Moderne PostgreSQL-Hosting-Anbieter wie Neon, Supabase und Railway bieten bereits vorkonfigurierte Extensions und optimierte Umgebungen für diese erweiterten Use Cases.
Fazit: Eine Datenbank für alle Backend-Anforderungen
PostgreSQL ist längst nicht mehr nur eine Datenbank - es hat sich zu einer vollständigen Backend-Plattform entwickelt. Im Jahr 2025 wirkt es übertrieben, 15 verschiedene Services für eine einfache To-Do-App aufzusetzen. Mit den richtigen Extensions und etwas SQL können Sie Jobs planen, Daten cachen, Authentifizierung handhaben, AI-Suche implementieren, GraphQL-APIs erstellen, Volltext-Ranking durchführen, Metriken verfolgen und Daten in Echtzeit synchronisieren.
Alles aus einem kampferprobten, kostenlosen, Open-Source-System, das Sie wahrscheinlich bereits verwenden. PostgreSQL beweist, dass manchmal die beste Lösung darin besteht, das zu verwenden, was bereits da ist - nur besser und umfassender als gedacht.
Die kommende PostgreSQL 18 Version wird diese Möglichkeiten noch weiter ausbauen und die Position als moderne Backend-Lösung der Wahl festigen. Für Entwickler, die Wert auf Einfachheit, Kostenkontrolle und technische Eleganz legen, ist PostgreSQL-First der Weg in die Zukunft.
Häufig gestellte Fragen
Kann PostgreSQL wirklich Redis in produktiven Umgebungen ersetzen?
Für viele Anwendungsfälle ja. UNLOGGED Tables bieten Redis-ähnliche Performance für temporäre Daten und Session-Caching. Allerdings sollten Sie bei extrem hohem Durchsatz oder komplexen Redis-Features wie Pub/Sub weiterhin Redis verwenden. Für die meisten MVPs und kleinen bis mittleren Anwendungen sind UNLOGGED Tables jedoch völlig ausreichend.
Wie gut skaliert pgvector im Vergleich zu spezialisierten Vector-Datenbanken?
pgvector eignet sich hervorragend für Anwendungen mit bis zu 100.000 Vektoren und moderate Abfragevolumen. Für Millionen von hochdimensionalen Vektoren oder erweiterte ANN-Algorithmen (Approximate Nearest Neighbor) sind spezialisierte Vector-Datenbanken wie Pinecone noch überlegen. Für die meisten RAG-Anwendungen und Prototypen ist pgvector jedoch mehr als ausreichend.
Ist die Authentifizierung mit PostgreSQL sicher genug für Produktionsanwendungen?
Absolut. pgcrypto verwendet bewährte Verschlüsselungsalgorithmen wie bcrypt, und Row-Level Security bietet granulare Datenisolation. Viele erfolgreiche SaaS-Anwendungen verwenden diese Herangehensweise bereits in der Produktion. Für Enterprise-Anforderungen mit komplexem SSO sollten Sie jedoch weiterhin spezialisierte Auth-Provider verwenden.
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